Sr. Richardis wurde am 25. September 1934 in Großschönbrunn, Landkreis Amberg geboren und am 26. September 1934 auf den Namen Hedwig getauft. Das Mädchen wuchs als neuntes Kind der Eheleute Georg und Barbara Dotzler mit ihren 13 Geschwistern, von denen zwei im Kleinkindalter bereits verstarben, auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in der Oberpfalz auf.
Von 1940 bis 1948 besuchte Hedwig die Volks- und Hauptschule in Großschönbrunn. Nach acht Jahren, wurde sie mit gutem Erfolg aus der Volksschule entlassen. Im Anschluss besuchte das Mädchen die zweijährige landwirtschaftliche Berufsschule in Großschönbrunn. Nach Beendigung der Berufsschule half die junge Frau ihren Eltern im Haushalt und in der Landwirtschaft.
Seit 1948 engagierte sich Hedwig in der katholischen Jugend und ihr einziger Wunsch war es schon immer, wie aus ihrem selbst geschriebenen Lebenslauf zu entnehmen ist, ins Kloster zu gehen. So bat Hedwig Dotzler am 03. März 1952 um Aufnahme in die Klostergemeinschaft der St. Josefskongregation. Am 19. März 1954 wurde sie ins Noviziat aufgenommen und erhielt den Schwestern-namen Sr. Richardis. Am Josefstag 1956 legte die junge Schwester die zeitliche Profess ab und drei Jahre später versprach sie auf Lebenszeit Christus im Dienst am Nächsten nachzufolgen.
Während ihrer Postulats- und Noviziatszeit war Sr. Richardis in verschiedenen Wohngruppen bei Kindern und Erwachsenen mit Behinderungen in St. Josef und später in St. Vinzenz als Pflegehilfe eingesetzt. Am 01. April 1956 begann Sr. Richardis die Ausbildung zur Buchbinderin. Die dreijährige Ausbildung in der zum Dominikus-Ringeisen-Werk gehörenden Buchbinderei schloss sie 1959 mit der Gesellenprüfung ab. Sie verrichtete die Arbeit in der Buchbinderei mit viel Freude und sehr großem Geschick, deshalb legte sie im Oktober 1964 die Meisterprüfung im Buchbinderhandwerk ab. Der Meisterbrief berechtigte Sr. Richardis von nun an zur Anleitung von Lehrlingen in diesem Handwerk.
Da Sr. Richardis in der Buchbinderei auch Menschen mit Behinderungen anleitete, begann sie am 01. Oktober 1973 mit 39 Jahren die Ausbildung zur Heilerziehungs-pflegehelferin in der Fachschule in Ursberg, die sie am 30. September 1974 abschloss. Im Jahr 1986 wurde Sr. Richardis für fast 15 Jahre die Leitung der Buchbinderei und die Sorge für die dort beschäftigten Menschen anvertraut. Die Schwester erstellte und reparierte die ihr übergebenen Bücher mit größter Sorgfalt und Genauigkeit, dafür wurde der geschätzten Buchbindermeisterin am 21. Dezember 2005 von der Handwerkskammer Schwaben der Goldene Meisterbrief verliehen. Dass ihr die Arbeit am Herzen lag, zeigte sich unter anderem auch in den besonders schön gestalteten Evangeliarien, die Sr. Richardis mit wunderbaren Verzierungen und Christusbildern versah. Die Schwester übte das gelernte Handwerk nicht nur nach allen Regeln der Kunst aus, sondern vollzog ihre Tätigkeit mit viel innerer Anteilnahme und aus ihrer Christusbeziehung heraus.
Nach fast 50 Jahren in der Buchbinderei trat Sr. Richardis am 01. Juli 2009 in den Ruhestand ein. Nun hatte sie Zeit sich ihrer künstlerischen Begabung zu widmen und dabei ihrem Glaubensleben besonderen Ausdruck zu verleihen. In ihrer Klosterwerkstatt in St. Josef entstanden wunderschöne Fatschenkinder, Wachs-jesulein und Prager Jesulein, Engel, und Sterne, mit denen sie die Mitschwestern und Liebhaber zur Weihnachtszeit erfreute.
In den letzten Jahren ließen die körperlichen Kräfte von Sr. Richardis immer mehr nach. Trotz allem sah man die Schwester wann immer es ihr möglich war mit ihrem Rollator über den Klosterhof in ihre Werkstatt gehen.
Nach wiederholten Aufenthalten im Krankenhaus Krumbach, ging Sr. Richardis am Montag, 11. Februar 2019, am Weltgebetstag der Kranken und dem Lourdes-gedenktag gestärkt durch das Sakrament der Heiligen Kommunion und der Krankensalbung heim zu ihrem Herrn. Nun hat Gott für Sr. Richardis ein neues Buch, das Buch des Lebens geöffnet.