Sr. M. Josefine kam am 25. Dezember 1951 in Manila, der Hauptstadt der Philippinen zur Welt. Das Leben der Philippiner ist geprägt von tiefem Familiensinn. So war das gesamte Leben von Sr. Josefine geleitet von der Sorge um ihre Angehörigen, die Eltern, die zwei Brüder und zwei Schwestern. Geliebt von ihrer Familie, wuchs sie in der Großstadt auf und besuchte von 1959 bis 1973 verschiedene Schulen. Sie erreichte einen Abschluss an einer Handelsschule, aber auch an einer polytechnischen Schule. Diese Ausbildungen befähigten sie zur Arbeit als Sekretärin und Röntgenassistentin.
In diesen Aufgaben fand die junge Frau nicht die Erfüllung, die sie für ihr Leben suchte. Deshalb trat sie auf den Philippinen in eine Gemeinschaft von Augustinerinnen ein. Kurz vor ihrer Profess, im Jahr 1978, bedrängte sie jedoch die Not der eigenen Familie, die auf ihre finanzielle Unterstützung angewiesen war. Deshalb arbeitete sie zunächst in ihrem Heimatland als Sekretärin in einem Baubüro. 1980 wollte sie in Deutschland eine Arbeitsstelle finden, die ihr größere finanzielle Mittel ermöglichten. Sie lernte die Schwestern der St. Josefskongregation in Percha am Starnberger See kennen, die ihr eine Arbeitsmöglichkeit anboten. Hier wurde in Sr. Josefine wieder ihre Berufung zu einem Leben als Ordensfrau wach. Sr. M. Josefine rang lange mit sich, welchen Lebensweg sie einschlagen solle.
Am Franziskustag des Jahres 1982 trat sie in das Noviziat der St. Josefskongregation ein. Sie begegnete in dieser Ausbildungszeit in liebevoller Zuwendung den Schwestern auf der Altenstation, tat aber auch Dienst in Wohnheimen des Dominikus-Ringeisen-Werkes. Es wurde in dieser Zeit deutlich, dass ihre Stärke in der Zuwendung zu den Kindern liegt. Deshalb begann Sr. Josefine nach der ersten Profess am 4. Oktober 1984 mit der Ausbildung zur Kindergärtnerin. Sie besuchte nach einem Vorpraktikum im Ursberger Kindergarten die Berufsfachschule für Kinderpflege und anschließend die Fachakademie für Sozialpädagogik in St. Elisabeth in Augsburg. Nach dem Berufspraktikum in Augsburg/ Pferrse wechselte Sr. Josefine 1991 in den Ursberger Kindergarten. In diesem Jahr band sich Sr. Josefine mit der ewigen Profess für ihre gesamte Lebenszeit an die Gemeinschaft der Franziskanerinnen der St. Josefskongregation.
Sr. Josefine lebte in besonderer Weise ihren Glauben, den sie in stillen Gebeten, im Gesang und im Tanz ausdrückte und es war ihr wichtig, diesen Glauben in die Herzen der Ursberger Kinder zu legen. In unserer Schwesterngemeinschaft trug Sr. Josefine im intensiven Gebet Gott ihre Anliegen vor. Wer sie antraf, fand sie oft mit einem englischen Gebetbuch oder dem Rosenkranz in der Hand sowie vor einem der zahlreichen religiösen Darstellungen im Mutterhaus stehend an. Treu besuchte sie das Stundengebet und die täglichen Eucharistiefeiern, wobei sie durchaus auch immer wieder Heimweh nach den liturgischen Vollzügen in ihrem Heimatland hatte, die fröhlicher und farbenfroher als bei uns üblich sind. Sie pflegte zahlreiche Kontakte mit philippinischen Frauen, die in Deutschland leben, um ihre Familien in der Heimat finanziell zu unterstützten. Immer wieder kamen diese, um mit Sr. Josefine zu beten, zu singen oder gemeinsam die hl. Schrift zu betrachten.
Sr. Josefine begegnete allen Menschen vorbehaltlos, freundlich und liebenswürdig. So entsprach ihr das Wirkungsfeld an der Mutterhauspforte, welche sie von 2003 an betreute. Charmant und entgegenkommend widmete sie sich den Gästen und sie fand Zeit, gemeinsam mit älteren Mitschwestern Hilfsdienste für den Schwesternkonvent zu erfüllen. Über all ihrem Engagement ließen Sr. Josefine aber nicht die Sorge um die Familie und die vielen Kinder in Not in ihrer Heimat los. Mit Hilfe vieler Freunde und ihr wohl gesonnener Menschen gelang es ihr, einen Kindergarten in Manila, den ihre Schwester leitete, zu unterstützen. Ihre Heimatbesuche nutzte sie, um die dort Tätigen in Arbeitsmethoden einzuführen. In freien Stunden in ihrem Alltag in Deutschland fertigte sie zahlreiche Bastelarbeiten an, die sie an Weihnachtsmärkten im Anliegen des Kindergartens verkaufte. Immer wieder machte sie auf die Arbeit in dem Kindergarten in Manila aufmerksam und so fanden sich Wohltäter. Zwei Tage vor ihrem Sterben sagte sie: „Ich war immer eine Bettlerin“. Aber Sr. Josefine wusste für wen sie bettelte, hilfsbedürftige Menschen in Manila, und sie war darüber nicht traurig, denn so konnte sie helfen.
Liebenswürdig blieb Sr. Josefine bis in die letzten Lebenstage hinein. Jeden, der sie besuchte, begrüßte sie mit einem Lächeln. Nie jammerte sie über ihre eigene Situation. Voller Hoffnung und in Glaubensstärke trug sie ihre unerwartet schwere Krankheit. Seit Monaten freute sie sich auf den Heimaturlaub in Manila, der im Abstand von einigen Jahren ihr für mehrere Wochen möglich war. Sie plante einen Flug für den 26. April. Aber an diesem Tag ging ihre Reise nicht auf die Philippinen, sondern Gott holte sie nach einer kurzen, aber schweren Krankheit an diesem Tag in die ewige Heimat, in seine Nähe.