Sr. M. Herigar wurde am 11. September 1923 als Tochter eines Gärtnermeisters und seiner Frau in Günzburg geboren und auf die Namen Gertrud Maria getauft. Mit sieben Geschwistern wuchs sie in der Geborgenheit ihrer Familie auf.
Von 1930 bis 1937 besuchte das Mädchen die Volksschule in Günzburg, anschließend die Mittelschule und den Ausbildungskurs zur Erzieherin in Ursberg. Nach der schulischen Ausbildung bat die mittlerweile Achtzehnjährige 1941 um die Aufnahme in die St. Josefskongregation. In der Zeit des Nationalsozialismus und zweiten Weltkrieges war dies kein leichter Entschluss. Unter dem Naziregime hatte die Arbeit Priorität. Sr. Herigar schreibt über diese Zeit: „Gott und Gottesdienst waren zweitrangig und galten gar als überflüssig.“ Die junge Frau musste zunächst ein hauswirtschaftliches Pflichtjahr im Reichsarbeitsdienst ableisten, das sie als Küchenhilfe in St. Camillus und St. Vinzenz absolvierte. Anschließend wurde sie zur Pflege verwundeter Soldaten in das Lazarett Ursberg eingezogen. Diesen Dienst übte sie bis 1946 aus. Während dieser Dienstzeit erhielt sie die für diese Tätigkeit erforderliche theoretische Ausbildung in der Krankenpflegeschule St. Camillus. Die Tätigkeit war anstrengend und fordernd, denn im Lazarett ging es eng zu. Die Patienten lagen auf den Gängen des Krankenhauses. Es wurden in der Theaterhalle Stockbetten aufgeschlagen und die Korbflechterei wurde für die Verwundeten geräumt. In St. Josef, St. Florian und im Mutterhaus wurden Räume zur Verfügung gestellt. Die Pflege der Wunden war schwierig, denn es gab keine Antibiotica.
Das Leben als Franziskanerin war der jungen Frau ein großes Anliegen. Deshalb wurde sie am Franziskustag 1942 in das Noviziat aufgenommen. Da bei den Nazis religiöse Feierlichkeiten nicht erwünscht waren, legte sie am 4. Oktober 1944 in aller Stille in der Mutterhauskapelle die Profess für drei Jahre ab, 1947 feierte sie die Ewige Profess.
In der Nachkriegszeit, im Jahr 1946, begann Sr. Herigar mit der Ausbildung zur Zahnärztin. Dazu besuchte sie das dentistische Institut in München und machte die erforderlichen Praktikas in verschiedenen Zahnarztpraxen, u. a. auch eines bei den Franziskanerinnen in Mallersdorf und in der Mund-Kiefer-Klinik des Versehrtenkrankenhauses in Bad Tölz. Im Mai 1953 wurde der Ordensfrau die zahnärztliche Approbation erteilt und sie konnte als Zahnärztin wirken. 1954 übernahm Sr. Herigar die Zahnarztpraxis in Ursberg. Hier wirkte sie bis zum Juli 1992.
In den Jahren ihres Ruhestandes betreute sie bis 2004 die Sakristei der Kapelle von St. Josef. Sie begann sich der Briefmarkensammlung des Klosters zu widmen. Bis zu ihrer Umsiedlung nach St. Camillus auf die Station für ältere Schwestern im Februar 2012 begab sie sich anhand dieser Briefmarkensammlung immer wieder auf „Weltreise“. Wenn sie die Marken einzelner Länder sortierte, informierte sie sich über diese in ihrer Geschichte und über deren aktuellen Ereignisse. Interessantes darüber berichtete sie auch ihren Mitschwestern und lenkte deren Blicke auf die große, weite und auch herrliche Welt.
Auch in den letzten Lebensjahren in der Station in St. Camillus war Sr. Herigar das Lesen von Sachbüchern eine geschätzte Tätigkeit. Sie verstand diese letzten Lebensjahre damit zu füllen, in Vertrauen auf Gott und seine Güte zu leben. Im November 2010 schrieb Sr. Herigar: „Ausschauend nach dem Kommen des Herrn verbringe ich meine Tage in Zufriedenheit“.
Möge Gott Sr. Herigar, nachdem er sie am Nachmittag des 27. März 2015 zu sich holte, ihn von Angesicht zu Angesicht schauen und sie das Osterfest ohne Ende feiern lassen.