Sr. M. Anita wurde als erstes Kind der Eheleute Josef und Theresia Kersch am 22. Januar 1941 in Feldsberg, Kreis Nikolsburg, im Sudetenland geboren und acht Tage später auf den Namen Edeltraud getauft. Zur Familie gehörten weitere drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester. 1946 ereilte die Familie das Schicksal so Vieler dieser Zeit, sie wurde aus ihrer Heimat vertrieben. Der Vater war zu dieser Zeit im Krieg. So musste sie bereits als fünfjähriges Mädchen erfahren, was es heißt die Heimat zu verlieren und ohne den Vater diese schwere Zeit durchzustehen. Die Mutter fand mit ihren damals drei kleinen Kindern Aufnahme in Laimering, Kreis Friedberg bei Augsburg. Dort lebten sie in sehr ärmlichen Verhältnissen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine Bekanntschaft zu einer Familie am Ort, die Sr. Anita zeitlebens eine zweite Heimat schenkte.
Von 1947 bis 1955 besuchte Edeltraud die Volksschule in Laimering. Ihre zwei Jahre jüngere körperlich und geistigbehinderte Schwester lebte von 1954 bis zu ihrem Tod 1962 in Ursberg. Da der Pfarrer sehr bald erkannte, dass Edeltraud ein begabtes Mädchen war und eine schnelle Auffassungsgabe hatte, vermittelte er ihr einen Schulplatz in der Ursberger Mädchen-Mittelschule. So konnte sie ihrer Schwester ein wenig näher sein.
Die Arbeit und der Einsatz der Schwestern für die Menschen mit Behinderungen Überzeugte Edeltraud in ihrem Entschluss in Ursberg zu bleiben und sich als Schwester der St. Josefskongregation in den Dienst für die Menschen zu stellen.
Am 31. August 1957 trat Edeltraud in die St. Josefskongregation ein und war zunächst als Schulhilfe im Haus St. Josef tätig. Am Franziskustag 1960 wurde sie in das Noviziat der Ordensgemeinschaft aufgenommen und erhielt den Schwestern-namen Sr. M. Anita. 1962 legte die junge Schwester die zeitliche Profess ab und drei Jahre später versprach sie am Festtag des hl. Franziskus auf Lebenszeit Christus nachzufolgen.
Bis 1971 war Sr. Anita in der Schule tätig, um dann in den Wohnbereich von Haus St. Josef zu wechseln. Bis 1973 war sie in der Wohngruppe Canisius bei mehrfach-behinderten Kindern eingesetzt. Zu dieser Zeit absolvierte Sr. Anita die dreijährige Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Bereits vor Abschluss ihrer Ausbildung wurde Sr. Anita die Gruppenleitung der Wohngruppe Xaverius anvertraut, in der sie sich in Liebe um Mädchen mit Mehrfachbehinderungen sorgte. Intensive Verbundenheit entwickelte die Schwester zu den besonders auf Hilfe angewiesenen Kindern, denen sie Heimat und Geborgenheit schenkte. Von 1989 bis 2007 übernahm sie die Gruppenleitung der Wohngruppe Agatha, in der mehrfachbehinderte Frauen lebten.
Sr. Anita war es wichtig die religiösen Feste im Jahreskreis schön zu gestalten, um Anvertrauten und Auszubildenden den Glauben und die Beziehung zu Jesus nahezubringen. Deshalb hat sie gerne aktiv an den Besinnungstagen mitgewirkt, die im Wohnheim für die Bewohner und Bewohnerinnen angeboten wurden. Im Alter von 66 Jahren verließ Sr. Anita die Wohngruppe Agatha, da gesundheitliche Beschwerden den Dienst nicht mehr zuließen. Die von ihr betreuten Mädchen und Frauen spürten, dass es ein Herzensanliegen von Sr. Anita war, dass es ihnen gut ergehe und sie sich in der Wohngruppe zuhause fühlen. Deshalb erhielten sich manche Verbindungen auch über die Jahre nach ihrem Abschied vom konkreten Wirken im Wohnbereich. Sie war bei ihren Mitarbeiterinnen und Anvertrauten beliebt und geschätzt.
Auch die Schwesterngemeinschaft bereicherte Sr. Anita trotz ihrer körperlichen Einschränkungen mit wertvollen Diensten. In ihrer gütigen und freundlichen Art begleitete sie ältere Mitschwestern. Da es ihr wichtig war, dass ihre Mitschwestern Abwechslung erlebte und geistig wie auch körperlich beweglich blieben, gab sie Bewegungs-, Spiel-, Gesprächs- und Gebetsangebote.
Als ihre gesundheitlichen Beschwerden zunahmen und die Wege von St. Josef ins Mutterhaus immer beschwerlicher wurden, wechselte Sr. Anita in den Mutterhauskonvent. In den letzten Monaten waren immer wieder Krankenhaus-aufenthalte notwendig, die sie aus der Kraft des Glaubens in Geduld und Stille getragen hat. Plötzlich und unerwartet holte sie der Herr am Abend des 15. Mai 2021 im Beisein einer Mitschwester während eines Krankenhausaufenthaltes in die ewige Wohnung heim, die ihr der Herr bereitet hat.