Wer auf der Landkarte auf halbem Weg zwischen Augsburg und Memmingen den Ortsnamen Ursberg entdeckt, ist heute an jenes Neu-Ursberg erinnert, das sich im Talgrund der Mindel als Heimstätte für 2000 Behinderte ausdehnt. Durch das Werk des Dominikus Ringeisen ist der alte kulturelle Boden Ursbergs für die Erfordernisse eines der größten sozialen Unternehmen nutzbar geworden.
Seit 1125 war Ursberg, dank der frommen Stifter aus dem Hause der Herren von Schwabegg, das erste, vom Hl. Norbert von Xanten gegründete Chorherrenstift der Prämonstratenser in Süddeutschland.
Eine moderne Geschichte dieses Klosters und späteren Reichsstiftes, das durch etwa 700 Jahre ein kultureller Quell Mittelschwabens wurde, fehlt bis heute. Der Autor, durch viele Jahre Bibliothekar in Ursberg, baut das vorliegende Geschichtswerk auf der Basis der annalistisch geführten Chronik des letzten Ursberger Priors, P. Grimo Kornmann, niedergeschrieben in den Jahren nach der Säkularisation1802/03, auf. Zur Ergänzung wurde die Weissung’sche Chronik von 1524 und viele Materialien aus Alt-ursberger und auswärtigen Archivbeständen herangezogen, die ein lebendiges Bild Ursberger Geschichte ergeben.
Am Leben und den Taten der Pröpste und Äbte werden Höhepunkte und harte Abschnitte im Laufe der Jahrhunderte bis zur Auflösung des Reichsklosters sichtbar. Über das kulturelle Leben im Kloster berichten die Kapitel über die philosophische und theologische Hochschule, über die Lateinschule und die Dorfschule. Eine eigene Untersuchung gilt der alten Klosterbibliothek mit ihren Beständen, Handschriften und Schriftstellern. Eine tabellarische Darstellung erschließt die Besitzgeschichte Ursberger Güter und Weingüter für möglichst alle bekannt gewordenen vom Allgäu bis zum Ries und auf der Schwäbischen Alb entlang der heutigen Autobahn zwischen Merklingen und Aichelberg (Widderstall, Drackenstein, Gosbach, Gruibingen). Weinberge besaß Ursberg schon früh in Sommershausen am Main, dann lange in Bad Cannstatt und in weiteren württembergischen Orten.
Mit dem oberösterreichischen Prämonstratenserstift Schlägl im Mühlviertel am Böhmerwald bestand im 15. Jahrhundert und während des Dreißigjährigen Krieges eine freundschaftliche Verbindung, die dem hart bedrängten Ursberg durch Viehtrieb über die weite Strecke nutzbar gemacht wurde.
In der Barockzeit erholte sich Ursberg dank tüchtiger Äbte und baute in seinen sieben Pfarreien neue Kirchen, Pfarrhäuser, Mühlen und Wirtshäuser. Für die Kunstgeschichte stehen dafür Künstlernamen wie Simpert Kraemer, Caspar Radmiller, Franz Martin Kuen und Konrad Huber. Damals war Ursberg im süddeutschen Bereich bekannt durch die Wallfahrt zur romanischen Kreuzigungsgruppe mit ihrer lange Zeit umstrittenen Konditionaltaufe für totgeborene Kinder.
Die experimentierfreudigen Ursberg Chorherren ließen gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Klosterhof, wie auch für Ottobeuren bekannt, einen Heißluftballon starten, wenn auch mit wenig Erfolg. Solche und andere unerwartete Berichte aus der Geschichte Ursbergs sind in dem vorliegenden Buch zu finden und verleihen der Ursberger Geschichte lebendigen Reiz.