Gedenkstätten der NS-„Euthanasie“
Menschen aus unserer Mitte
„Jeder Mensch ist kostbar“ – Das ist der Leitsatz des Dominikus-Ringeisen-Werks, das heute über 5.000 Menschen mit Hilfebedarf in Bayern begleitet.
Ursberg, mit den Filialen Kloster Holzen und Maria Bildhausen, geriet in den Fokus des NS-Regimes mit systematischen Morden, im Zuge des
NS-„Euthanasie“-Programmes „T4“, an Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen.
Die Schwestern der St. Josefskongregation versuchten Betreute in ihren Einrichtungen für Menschen mit Behinderung vor dem Unheil zu bewahren. Es kamen Ärzte, die selektierten, wer in staatliche Heil- und Pflegeanstalten zu verlegen war.
379 Menschen konnten die Schwestern nicht helfen und sie starben qualvoll in den Tötungsanstalten der Nationalsozialisten. An diese Opfer erinnern heute die Mahnmale und Erinnerungsorte in Ursberg, in Maria Bildhausen und die Gedenktafel der St. Josefskongregation auf Schloß Hartheim in Österreich.
Gedenkstein von 1984 auf dem Klosterfriedhof in Ursberg
Dieser Gedenkstein wurde anlässlich des 100-jährigen Bestehens (1884-1984) des Dominikus-Ringeisen-Werks errichtet. Er war das erste Mahnmal nach dem Krieg im Landkreis Günzburg, das den Tod der Opfer der NS-„Euthanasie“ anmahnte!
Der Entwurf zu diesem ca. 3 m hohen Gedenkstein stammt von Sr. M. Paula Sailer CSJ (* 21.04.1914 †03.06.2007). Das Motiv erinnert an die 379 unschuldigen Menschen, die Opfer des Nationalsozialismus wurden!
Die Ausführung übernahm Franz Maurer, Steinbildhauer und Steinmetz (* 1938 † 1993), geboren in Reichertshofen. Er lebte in Pfünz bei Eichstätt, wo er unter anderem an der Gesamthochschule für das Fach „Bildnerische Gestaltung“ tätig war.
Denkmal von 2004 im Klosterhof für die Gefallenen und Vermissten des 1. und 2. Weltkriegs, als auch der Opfer
der NS-„Euthanasie“
Eine der großen Arbeiten des Künstlers Alfred Görig (1947 in Krumbach geboren) ist das Denkmal im Klosterhof in Ursberg für die Gefallenen und Vermissten aus zwei Weltkriegen, aber auch der 379 Opfer der NS-„Euthanasie“.
Der Gedenkort wurde 2004 anlässlich des 100-jährigen Todestages von Dominikus Ringeisen (* 06.12.1835 †04.05.1904) errichtet.
Chromosomen sind Träger des Lebens. Der Künstler will, dass jeder seine eigenen Gedanken dazu findet. Jedes Leben ist kostbar, auch wenn es „behindert“ ist, wenn die Chromosomen von der Zahl und Norm abweichen. Ebenso kostbar war auch das Leben der gefallenen Soldaten – für sie kann man das Denkmal, von oben betrachtet, als Schlachtfeld sehen.
Gedenktafel Schloß Hartheim, Österreich
Die Tafel wurde am 20. September 2013 auf Schloß Hartheim (Alkoven bei Linz, Oberösterreich) im Rahmen einer offiziellen Gedenkfeier angebracht. Dies war eine schmerzliche Begegnung mit der eigenen Geschichte des Dominikus-Ringeisen-Werkes in Gedenken an die
NS-„Euthanasie“-Opfer am Ort ihrer Ermordung.
Die Gedenktafel schuf ebenfalls der Künstler Alfred Görig. Diese entspricht, verkleinert in der Ausführung, dem Mahnmal in Ursberg, welches 2004 im Klosterhof errichtet wurde.
Die Ansprache zur Gedenkfeier hielt die damalige Generaloberin Sr. M. Edith Schlachter CSJ.
Das Mahnmal in Maria Bildhausen
(Münnerstadt, Unterfranken)
Das Mahnmal „Haus wider des Vergessens“ wurde am 21. Oktober 2017, nach einem Gottesdienst zum Gedenken der NS-„Euthanasie“-Opfer auf dem Friedhof in Maria Bildhausen, von Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann gesegnet.
Die St. Josefskongregation und das Dominikus-Ringeisen-Werk wollen damit ein Zeichen gegen das Vergessen setzen.
379 Menschen mit Behinderung, die in den Einrichtungen der St. Josefskongregation in Ursberg, Kloster Holzen und Maria Bildhausen gelebt haben, wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Acht Männer hatten ihren Wohn- und Lebensort in Maria Bildhausen.
Der Künstler Willi Grimm aus Kleinrinderfeld bei Würzburg hat den Entwurf gestaltet. In der Zusammenarbeit mit dem Künstler Thomas Pfarr (Münnerstadt) und Architekt Roland Ress (Bad Königshofen) wurde daraus ein Bauplan. Die Träger der Einrichtungen in Maria Bildhausen, die
St. Josefskongregation und das Dominikus-Ringeisen-Werk, konnten mit Unterstützung von Spenden, unter anderem auch von der Diözese Würzburg, das Mahnmal errichten.
Sr. M. Katharina Wildenauer, Sr. M. Edith Schlachter, Sr. M. Werenfried Söffge, Sr. M. Canisia Maurer (von links).
Menschen aus unserer Mitte
„Aus der Anonymität herausgehoben“ – Im Kreuzgang des ehemaligen Prämonstratenserklosters, heute Haus St. Josef mit den Räumen des Ringeisen-Gymnasiums und des Klostermuseums, sind die Namen der 379 NS-„Euthanasie“-Opfer aufgeführt, um diesen eine Identität zu geben.
Konzipiert und gestaltet wurde die Gedenkstätte von Sr. M. Canisia Maurer CSJ und Robert Bielesch.
„Euthanasie“-Opfer der Nationalsozialisten | ||
Hartheim bei Linz | Gasmorde | 199 |
Kaufbeuren | Entziehungskost | Injektionstod | 160 |
Eglfing-Haar | Entziehungskost | Injektionstod | 11 |
Erlangen | Entziehungskost | Injektionstod | 7 |
Günzburg | Entziehungskost | Injektionstod | 2 |
Das unfassbare Geschehen sichtbarer machen
Stellvertretend für die 379 Opfer des Dominikus-Ringeisen-Werks stehen 14 „Menschen aus unserer Mitte“ – mit diesem Gedenkort wollen die Schwestern der St. Josefskongregation einen neuen Akzent in der Erinnerungskultur setzen:
„Mit den sieben Stelen mit Bild und Kurzbiografie von jeweils zwei Menschen, die damals ermordet wurden, möchten wir eine höhere Identifikation mit dem persönlichen Schicksal der Opfer wecken.” Und dies auf Augenhöhe – denn jeder Mensch ist kostbar!
Hierzu hat man mit dem Klostergarten einen stillen und leicht zugänglichen Ort gewählt, der zudem barrierefrei zu erreichen ist.
„Wir haben die Aufgabe, jedem Menschen Leben in unantastbarer Würde zu gewähren. Das sind wir auch den Opfern der Diktatur schuldig. Deshalb ist dieser Gedenkort den Schwestern der St. Josefskongregation wie dem Dominikus- Ringeisen-Werk ein großes Anliegen“, sagte Generaloberin Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ.
Die Segnung erfolgte am 27. Januar 2023, dem nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. „Wir wollen die Opfer aus der Anonymität heben und das Geschehene nicht vergessen lassen. Um Zukunft zu gestalten, ist es sehr wichtig, auch an dunkle Tage zu erinnern, an eine Vergangenheit, die nie wieder passieren darf. Es war ein sehr bewegender Tag“, so der damalige bayerische Gesundheitsminister und Schirmherr des Erinnerungsortes Klaus Holetschek.
Konzipiert und gestaltet wurde die Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit Generaloberin Sr. M. Katharina Wildenauer CSJ, Melanie König und Robert Bielesch.
Ihre Ansprechpartner
Dominikus-Ringeisen-Werk
Rupert Vinatzer
Teilhabe und Assistenz
Diplomierter Sozialpädagoge
Tel: 08281/92 2086
eMail: r.vinatzer@drw.de