Bei Schwester Hieronyma findet`s sich
Der Kostümverleih der St. Josefskongregation Ursberg ist eine Fundgrube. Geschneiderte Kostüme und passende Stilberatung aus den Händen einer 85-jährigen Ordensschwester.
Schwester Hieronyma verwaltet etwa 3000 Kleidungsstücke im Kostümverleih der St. Josefskongregation im Kloster Ursberg. Die 85-Jährige findet mit Liebe zum Detail immer etwas Passendes. Sie sitzt oft an der Nähmaschine, verbessert und perfektioniert die Kostüme, die sie verwaltet und pflegt. Fotos: Bernhard Weizenegger
(Von Ralf Gengnagel)
Ursberg – Kleider machen bekanntlich Leute. Und für besondere Anlässe braucht es das passende Gewand. Vor allem gilt das für historische Feste wie das Markgrafafescht in Burgau, das in wenigen Tagen beginnt. Was aber, wenn der Kleiderschrank dafür nichts hergibt und man so kurzfristig noch auf der Suche ist? All jenen sei gesagt: Das Gute liegt oft so nah. Anstatt teuer im Internet einzukaufen, gibt es einen Geheimtipp, wie man für das kleine Geld an Kleider und Herrenmode aus den früheren Jahrhunderten kommt. Und der Geheimtipp heißt: Schwester Hieronyma.
Es ist ein unscheinbarer Raum, in dem Schwester Hieronyma sitzt. Im Hintergrund läuft das Radio, die Nähmaschine rattert. Es riecht nach Lavendel. Und wieder klingelt das Telefon. Die 85-jährige Ordensschwester der St. Josefskongregation in Ursberg vereinbart einen nächsten Termin zur Anprobe. Seit 2002 pflegt sie dort sorgfältig das Kostümlager mit Verleih. Mit dem Bau der ehemaligen Theaterhalle in Ursberg (heute der Ringeisensaal, der vom Gymnasium genutzt wird) ist im Laufe der Jahrzehnte ein beachtlicher Fundus zusammengekommen. Mehr als 3000 Gewänder, Kleider, Westen, Uniformen, Hüte und Accessoires hält der Kostümverleih im ehemaligen Bühnenhaus des Klosters in vier Lagerräumen, in über 40 Schränken und 200 Schachteln bereit.
Wer bei Schwester Hieronyma sucht, der findet. Kaum entgehen dürfte einem dabei ihr Blick für die kleinen Details. Der 85-Jährigen ist dabei kein Griff zu viel, und das, obwohl sie sich erst vor wenigen Wochen nach einem Sturz mit dem Fahrrad zwei Rippen gebrochen hatte. „Mittlerweile sind die Schmerzen erträglich geworden“, winkt sie ab und holt eine weitere Schachtel aus einem der Schränke, um an das passende Accessoire zu kommen – ein mit Goldfaden bestickter Leinengürtel, der einem Burgfräulein gut zu Gesicht stünde. Zwischen Kleidern und Utensilien tauchen auch immer wieder Duftsäckchen mit Lavendel auf. Einige davon hat sie selbst genäht. Sogar den Lavendel, der sich darin befindet, zupft und trocknet sie selbst. Blusen und Leinenhemden sind akkurat gefaltet und warten in den Schränken auf die nächste Verwendung. „Das muss schon alles sauber sein, sonst isch des nichts Gescheites“, betont die Schwester. Gerade mal 30 Euro kostet das Leihen eines kompletten Kostüms, sei es das eines Edelmannes oder das Kleid einer Patrizierin. Einen Unkostenbeitrag nennt sie das, auch wenn das Kostüm über mehrere Tage benötigt wird. Gereinigt zurückgebracht werden muss es nicht. „Ich wasche das alles selber“, erzählt sie. Das ist ihr auch lieber so, denn es gibt viele Kleidungsstücke, die unter die Rubrik „Handwäsche“ fallen.
Manch goldene Bordüre, die das ein oder andere Kleid verziert, müsse sie abtrennen und nach dem Waschen wieder annähen, „sonst sehen die ja irgendwann nicht mehr gut aus“, erklärt sie. Viele Kleidungsstücke sind mit bunten Steinen oder Pailletten versehen. Für Schwester Hieronyma ist es eine Selbstverständlichkeit, dass alles komplett ist. Fehlt bei der Rückgabe mal ein Knopf, sei das nicht schlimm, dann ist passender Ersatz schnell gefunden und angenäht. „Die Leute passen gut auf die Kostüme auf“, sagt sie. Stehen historische Feste an, sei auch gleich mehr los. Genauso wie Anfang Dezember. Nikolausmäntel mit prunkvollen Mitras seien ebenfalls begehrt. Kleriker-Gewänder und schwäbische Regina-Trachten reihen sich an den Kleiderstangen aneinander, die durch große Leintücher vor dem Verstauben geschützt werden.
„Die Leute passen gut auf ihre Kostüme auf“
Oft kommen auch Theatervereine auf sie zu, die noch das Passende suchen. Gefragt seien immer wieder Priestergewänder. „Pfarrer sind da nämlich ziemlich eigen und stellen ihre Gewänder nur äußerst ungern zur Verfügung“, verrät die Schwester. Sogar in ein Papst-Kostüm könne sie jemanden stecken.
Dass dieser Fundus erhalten blieb, sei dem mittlerweile verstorbenen Altlandrat Georg Simnacher zu verdanken. Als sich die Umbaumaßnahmen des Hauses St. Josef für das Ringeisen-Gymnasium ergaben und die Theaterhalle zum Ringeisensaal wurde, war er es, der sich für den Erhalt des Kleiderschatzes einsetzte. Durch den Umbau konnte das Kostümlager sogar vergrößert werden. Mittendrin hat es sich die Schwester gemütlich gemacht. Neben den Gebetszeiten und der Gemeinschaft mit den Ordensschwestern verbringt sie viel Zeit in ihrem kleinen Büro, neben Bügelbrett und Nähmaschine. „Büroarbeit mag ich nicht so gerne“, sagt sie und ist froh, dass sie mit wenig Papierkram zu tun hat – allenfalls wenn jemand etwas ausleiht oder eine Quittung braucht. In ein richtiges Büro wollte sie noch nie. Früh erkannte sie, dass es ihr auf dem Herzen lag, sich in den Dienst hilfsbedürftiger Menschen zu stellen.
So zog es sie nach der Heilerzieher-Schule in den Orden. Noch sei sie rüstig und habe Freude daran, für andere da zu sein. So lange, wie es die Gesundheit erlaube, werde sie sich weiter um die Kostüme kümmern. In ein paar Wochen gehe es aber erst einmal in den Urlaub an den Forggensee. Bis dahin könne sie auch wieder gut Fahrrad fahren.
Beratung und Verleih
bei Schwester Hieronyma ist nach telefonischer Vereinbarung
unter der Rufnummer
08281/923393 möglich.