Das Biergarten-Vergnügen im Landkreis Günzburg ist eingeschränkt
Woran es liegt, dass Wirte nicht überall im Kreis Günzburg ihre Biergarten-Kapazitäten voll ausnützen können. Und was das für die Gäste bedeutet.
Der Biergarten des Klosterbräuhauses Ursberg bietet weit weniger Gästen Platz als noch im Vorjahr. Foto: Georg Drexel/Klosterbräuhaus
… aus einem Bericht der Mittelschwäbischen Nachrichten vom 03. Juni 2023:
Günzburg – Gemütlich essen gehen, gehört vermutlich zu einer der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen. Und seit einigen Tagen locken auch wieder dank angenehmer Temperaturen die Biergärten im Landkreis Günzburg. Aber nicht überall können die Kapazitäten tatsächlich ausgeschöpft werden. Öffnungszeiten werden verkürzt, die Zahl der Gäste beschränkt oder an manchen Tagen wird gar nicht erst aufgemacht. Eine Recherche am Telefon zeigt, wie es Gastronomen im Landkreis Günzburg geht und wie sie mit dem wohl größten Problem umgehen: Personalmangel.
Dass es in der Gastronomie grundsätzlich um die zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden nicht gut bestellt ist, räumt Georg Ringler ein. Der Wirt des Krumbacher Gasthofs Traubenbräu ist seit gut einem Jahr zugleich der Günzburger Kreisvorsitzende im Dehoga-Landesverband Bayern. „Dehoga“ steht für „Deutscher Hotel und Gaststättenverband“. Er selbst hat mit der Bewirtung seines Biergartens heuer keine Probleme. Die Mannschaft sei insgesamt gut aufgestellt. Die 160 Plätze im Freien würden jedenfalls „ganz normal“ bedient.
So wie Ringler geht es nicht jedem Wirt und jeder Wirtin. Christina Jehle und ihr Mann Jürgen machen es vom Wetter abhängig, wie sie ihren Landgasthof in Limbach öffnen. Bei Sonnenschein werden die beiden Biergärten am Haus geöffnet. Ist es zweifelhaft, könne es eine Kombination von innen und außen geben – aber dann nur mit einem Biergarten. Oder aber es wird außen gar nicht bedient. Reagieren kann man unter der Woche gut, weil das Lokal von Montag bis Donnerstag erst ab 17.30 Uhr geöffnet hat. Der Sonntag ist der Problemtag des Gasthauses. „Da ist es ganz schwierig, Personal zu kriegen“, sagt die Chefin. Und jedem, der die Gaststätte besuchen möchte, rät sie, rechtzeitig zu reservieren. „Wir sind nicht unzufrieden mit dem Geschäft. Aber wir könnten noch mehr Gäste bewirten, wenn mehr Leute bei uns beschäftigt wären.“ Zurzeit fehlen der Wirtin zufolge zwei Bedienungen und eine Küchenhilfe.
Frank-Ulrich John, Sprecher der Dehoga Bayern, erklärt die Schwierigkeiten: „Um den gleichen Umsatz wie im Einzelhandel zu erzielen, benötige ich in der arbeitsintensiven Gastronomie sechsmal so viele Mitarbeiter.“ Außerdem hätte der Gastrobereich als eine der hauptbetroffenen Branchen zwar Kurzarbeitergeld bekommen. Allerdings seien Aushilfen nicht empfangsberechtigt gewesen. „Deshalb haben Wirte versucht, diesem Personenkreis andere Jobs zu besorgen – ob als Erntehelfer, Mitarbeitende eines Impfzentrums oder im Einzelhandel. Die Leute sind zum Teil bis heute nicht zurückgekommen und fehlen jetzt im Biergarten.“
Das hat mitunter deutliche Folgen, wie im Freibereich des Klosterbräuhauses Ursberg besichtigt werden kann. Noch im vergangenen Jahr fanden bis zu 450 Personen im Biergarten Platz, jetzt ist davon zahlenmäßig noch ein Viertel übrig (maximal 110 Plätze). Ohne Reservierung ist es gut möglich, dass keine Sitzgelegenheit unter freiem Himmel verfügbar ist. Einige Minuten Überbrückungszeit können bei einem Bierchen oder anderen Getränken an Stehtischen zugebracht werden – sofern dort noch Platz ist. Geschäftsführer Bernd Schramm sagt, diese Beschränkungen seien das Ergebnis eines Abwägungsprozesses gewesen, um das Personal nicht „auszulaugen“. „Wenn ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hochsaison kontinuierlich überfordere, stehe ich im Herbst mit einer hohen Krankheitsrate da und im nächsten Jahr vielleicht mit niemandem mehr.“
Eine ethische Frage: Was kann Mitarbeitenden zugemutet werden?
Zudem habe man gerade in Ursberg „gewisse moralische und ethische Vorstellungen, was man Mitarbeitern zumuten kann“. Derzeit stehen vom Minijobber bis zur Vollzeitkraft 65 Namen auf der Lohnliste. „Es waren auch schon mehr.“
Was wollen wir? Was müssen wir deshalb verändern? Diese beiden Fragen standen im Zentrum der Überlegungen. Wichtig sei es den Betreibern gewesen, sieben Tage in der Woche geöffnet zu haben – und das von 7 Uhr an mit Frühstück, Mittagstisch (ab 11 Uhr werden alle Speisen auf der Karte zubereitet) und Abendessen (die Küche schließt um 21 Uhr, bislang war es 21.30 Uhr). Ende ist dann um 23 Uhr. An den Öffnungszeiten und am Speisenangebot hat sich also nichts geändert. Dafür werden jetzt nicht mehr so häufig geschlossene Gesellschaften zum gleichen Zeitpunkt angenommen. Der Biergarten ist geschrumpft. Und auf Livemusik unter dem Himmelszelt (früher jeden Freitag ab 18 Uhr) warten die Gäste vergeblich. Diese Entscheidungen tragen die Verantwortlichen des Klosterbräuhauses, der St. Josefskongregation und des Dominikus-Ringeisen-Werkes mit den Mitarbeitervertretungen gleichermaßen mit.
Schramms Devise lautet: „Schauen, dass wir dieses Jahr gut rumbringen. Und dann gibt es sicher ein Licht am Ende des Tunnels.“ Für Stanislav Ancin wird dieses Licht in der Gastronomie in Niederraunau nicht mehr scheinen. Seit Sommer 2018 hat der Pächter das Lokal „Grüner Baum“ in dem Krumbacher Stadtteil betrieben. Mit Ablauf des Monats Mai sind Lokal und Biergarten zu.
Text: Till Hofmann/Günzburger Zeitung